Verdrehungen

Die Zentralkampfstelle der Manipulation ist stets die Sprache. Das ist nicht nur eine Erkenntnis, die die LTI des Viktor Klemperer historisch ausgeführt hat, sondern eine alltägliche Erfahrung. Heute ist es nicht die Sprache des dritten Reiches, sondern des Grünen Reiches. Unter diesem Aspekt ist die Seite gegneranalyse - historisch sich selbst situierend und nicht gerade politisch korrekt - wertvoll. Das ist nicht der Fall, weil sie ausspricht, was ist, sondern weil sie offenbart, was sie zuschreibt.
Besonders interessant: Diese Seite hat einen Wandel erlebt. Wurde sie 2018 als Seite gegen die "Neue Rechte" geschaffen, so hat sie ihr Koordinatensystem geändert. Das merkt man an den "monitorings" (also: Markierungen im Sinne der Staatssicherheit anbringen). Die "alten" "klassischen" Medien der "Neurechten" kommen dort nicht mehr vor. Junge Freiheit? Sezession? Tumult? Da ist nichts mehr übrig. Statt dessen richtet man sich auf die neusortierte Medienlandschaft durch die Coronamaßnahmen aus. Der "Reset" der Seite, d.h. die Fokusverschiebung entstand im November 2021 mit dem ersten "Monitoring". D.h. irgendwann im Jahr 2021 wurde klar, daß man die Strategie ändern muß, daß sich etwas verändert hat. Was hat sich verändert? Der Gegner. Die alten Beiträge sind daher ins "Archiv" gewandert.

Interessanter scheint mir aber das Vokabular. Welche sprachlichen Markierungen gebraucht man? Eine kleine Liste:

  • Ethnopluralismus
  • Dezisionismus
  • Elitenkritik
  • Ganzheitlichkeit
  • Heimatschutz
  • Heroismus
  • Kulturpessimismus
  • Revolutionäre Bewegung
  • Sozialdarwinismus
  • Völkischer Antikapitalismus
  • Wiedergewinnung der Gemeinschaft

Das sind die Stichworte aus 2018. 2019 bis 2020 kommen neue Worte (nun sind die Beiträge dazu mit Datum und Bild versehen und sehen mehr nach Journalistik aus) hinzu. Was sind das für Stichworte? Es sind die Narrative, die den "Gegnern" angedichtet werden. Es sind diese Marken, die definieren, woran man den Gegner erkennt. Dieses Sammelsurium ist kurios. Ich möchte ein paar Begriffe kommentieren:

Ethnopluralismus: Rechts ist, wer innerhalb des Multikulturalismus seine eigene Identität bewahren will. Es geht nicht darum, eine Leitkultur zu definieren (denken wir an das Stichwort, das von Bundespräsident Wulff damals eingebracht wurde), sondern darum bloß nicht weggeschwemmt zu werden. Ethnie ist dabei ein schwammiger Begriff. Ethos ist griechisch und heißt Volk. Es entspricht dem lateinischen gens. Dagegen steht das Wort natio, was für Land steht, nämlich dem Land, in das man hineingeboren wurde. Also: Das Nationale und das Ethnische sind nicht identisch. Der Begriff Ethnopluralismus ist möglich. Der Begriff Nationalpluralismus (oder so etwas ähnliches) ist nicht möglich, da ein Widerspruch in sich. - Aber schauen wir von oben drauf: Die Gegner der Gegner (also die Autoren von gegneranalyse) sind antiethnisch. Sie wollen nicht, daß die eigene Identität bewahrt wird. Sie wollen Zerstörung. Und das meinen sie gerade nicht national, sondern ethnisch. Das heißt: Wer nicht antideutsch ist, der ist rechts. Und kurioserweise wird das Volk, als historisches Subjekt, ersetzt durch die group identity. Es gibt nicht mehr Völker, sondern communities. Man substituiert den Begriff, tarnt ihn und behauptet das gleiche, beschuldigt aber den Kritiker dessen, was man eigentlich selbst tut.

Dezisionismus: Hier wird markiert, daß das Leben ein Kampf wäre. Es ginge darum, in diesem Kampf der Sieger zu sein. Und zwar nach dem Diktum Schmitts, daß der souverän ist, wer über den Ausnahmezustand verfügt. - Lustigerweise wird behauptet, daß die "Rechte" den Ausnahmezustand usurpieren wöllte, um an die politische Macht zu kommen. Dieser Begriff paßt nicht auf die "alternative Szene", sondern völlig auf die Politik der Coronazeit. Der Gewaltherrscher würde die Ordnung bringen und das könnte nicht das Volk sein. Nur wer hat eigentlich gesagt, daß das Volk das Problem ist und nicht die Herrschaftsschicht? Achja, da war was (J. Gauck, 2016/6). - Das Diktum Schmitts ist keine Anleitung zum Putsch, sondern eine Heuristik, um entsprechende Personen und Personenkreise einordnen zu können. Eigentlich ein "linkes" Thema, nämlich die Offenbarung des Interesses im Sinne der Theorie des kommunikativen Handelns nach Habermas. Eng verbunden wäre das Wort "Transparenz". Doch dieses Stichwort taucht nicht auf. Warum? Weil diejenigen, die Transparenz herstellen, abgesägt werden. Man tut etwas, das nicht erlaubt ist.

Elitenkritik: Wie das ein "rechter Narrativ" sein kann, das frage ich mich. Es war immer ein "linkes Thema", die Führungsschicht zu kritisieren. Die Stichwortverbindung ist dann das Volk, denn das Volk ist quasi egalitär und nicht elitär. Doch das ist ebenso ein "linker Begriff". Denken wir an die "Volksdemokratien" des Ostens.

Ganzheitlichkeit: Das ist auch super. Ein Stichwort, das man auf die Romantik zurückführt, d.h. der Gegenbegriff zur Ganzheitlichkeit wäre die "Vergötzung der Ratio". Ganzheitlichkeit ist ja gerade keine Ablehnung der Ratio. Im Gegenteil geht es um die Synthese von Ratio und anderen Teilwirklichkeiten. Eigentlich ist der Begriff der Ganzheitlichkeit ein Gegenbegriff zum Reduktionismus und insofern ist er ein Kampfbegriff gegen den Naturalismus des 19. Jahrhunderts. - Waren es auch nicht die Alternativen aus den 80ern, die diesen Begriff im Munde führten? Zählten die Grünen nicht zu denen, die ganzheitlich dachten. Es ging doch um die Ökologische Bewegung und die bezog sich auf das Ganzheitliche. Hier wird der Begriff umgekehrt!

Sozialdarwinismus: Zitat Die Auswahl und Fort­pflan­zung der Fit­tes­ten hat eine vitale Spezies her­vor­ge­bracht. Die Selek­tion der Schwa­chen und Fehl­ge­bil­de­ten sei not­wen­dig, um die Gesund­heit und Rein­heit des Volks­kör­pers und der Gesell­schaft sicher­zu­stel­len. Mitleid mit der Krea­tür­lich­keit und dem Unnor­ma­len wider­spricht der Natur und ist fehl am Platze. Dies würde nur das Schwa­che und Kranke über­be­to­nen und die Über­le­bens­fä­hig­keit der Gemein­schaft gefähr­den. Der Mensch sollte sich nicht über die Natur­ge­setze erheben, die einen tie­fe­ren Sinn haben. Der Schutz von und Son­der­rechte für Min­der­hei­ten ist wider­na­tür­lich und abzulehnen.
Das ist fast reiner Nazisprech. Aber nur fast! Denn es gibt eine Taktik, der doppelten Negation. Man nimmt den Nazisprech und fügt seine Vokabeln ein, um sie zu rechtfertigen. Das Prinzip ist: Wir machen das Gegenteil der Nazis. Das "Unterjubeln" ist eine rhetorische Strategie. "Mitleid mit der Kreatürlichkeit und dem Unnormalen widerspricht der Natur und ist fehl am Platze." Das wird gebraucht, um das Unnormale zu rechtfertigen und zwar bedingungslos. Argument läuft so: "Weil die Nazis alles Unnormale rasiert haben, sind wir heute die Beschützer aller Unnormalen." Man nimmt bewußt das Wort "unnormal", denn das korrekte Wort "unnatürlich" verrät sich selbst. Der Widerspruch, der gerechtfertigt wird, durch den Nazisprech (als Negation eben) ist ein Selbstwiderspruch: das Unnatürliche widerspricht nicht der Natur.
Das kommt nochmal vor: "Der Schutz von und Sonderrechte für Minderheiten ist widernatürlich und abzulehnen." - Es ist so perfide! Der Schutz von Minderheiten ist eine Sache, die Privilegierung von Minderheiten eine völlig andere. - Das "Opfer", d.h. die Gegner werden mit dieser Definition von Sozialdarwinismus konfrontiert. Die distanzieren sich natürlich davon. Und so kommt dabei raus: "Ach, sie distanzieren sich, d.h. jetzt befürworten sie auch das Unnormale und die Sonderrechte für Minderheiten..."

Kurz gesagt: Man mischt seine politische Ansicht unter dem negativen Vorzeichen unter die politische Ideologie des Nationalsozialismus und durch die Negation und Ablehnung des Nationalsozialismus hat man seine eigene politische Ansicht eingesetzt.

Im Grunde ist das meiste interessante gesagt. Die Begriffe allesamt sind Verdrehungen und eigentlich linksradikales Gedankengut. Bei der revolutionären Bewegung heißt es, daß "radikale Methoden" zu gebrauchen wären. Das könnte auch von der RAF kommen oder von Gandhi mit seinem Salzmarsch. Da hat nichts mit nichts zu tun. Oder beim "völkischen Antikapitalismus": Da wird gesagt, daß Gemeinnutz vor Eigennutz gehe. Und das sei jetzt rechts. Wow! Es ist schon verrückt, was hier abgeht.

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