Lemma: Segen

In einem Gespräch neulich ging es um das Segnen und den speziellen Rahmen drumherum. Das war mir ein Einlaß, über diese Veranstaltungen und deren Inhalt nachzudenken. Dabei sind es zwei Beobachtungen, die mir aufgefallen sind:
Einmal daß in der normalen Messe und im Alltag der Menschen der Segen eigentlich keine Rolle spielt. Der Schlußsegen des Priester ist zu einer Floskel geworden, bei der niemand sein Haupt neigt, geschweige denn auf die Knie geht. Im Segen handelt ja Gott an mir, weshalb dieser Akt eigentlich eine Reaktion in mir hervorrufen müßte. Und das ist eben die Haltung des Hauptneigens oder des Kniens. Ich richte die "Antenne" auf Gottes Handeln an mir aus. Ebenso ist es ja mit den leeren Weihwasserbecken in den Kirchen. Während dem Coronareglement gab es an den Kircheneingängen nichts mehr und es hat auch niemand vermißt, denn wie die Becken in der Kirche so die Becken in den Häusern. Zur Kommunion gab es oft die kleinen Weihwasserbecken für das Kinderzimmer und neben der Haustür hing so ein Teil, damit der Ausgang und die Heimkehr der Kinder durch die Eltern gesegnet werde. Nun ist es aber so, daß diese Kessel leer sind, verwaist sozusagen. Und die Eltern haben das vor Jahren auch nur durchgezogen, weil sie den Kindern ein Ritual mitgeben wollen. Selbst aber praktizieren sie es nicht. Und deshalb ist es ihnen wurscht, ob die Kessel in der Kirche gefüllt sind oder nicht. Sie segnen nichts mit Weihwasser.
Auf der anderen Seite ist da die Sehnsucht nach Segen und das sieht man an den Segnungsabenden und -angeboten bei Gottesdiensten. Es gibt extra Segnungsmöglichkeiten für Eltern, die ein Kind erwarten. Das ist eigentlich ziemlich merkwürdig, daß die "normale" Weise irrelevant geworden ist und andererseits die "besondere" Weise gesucht wird. Eine Erklärung, so munkelt man, ist, daß die Menschen heute einen persönlichen Zuspruch wollen. Naja, also Gott segnet immer mich persönlich und nicht generell. Also paßt das nicht so ganz. Die Empfindung der Leute ist sozusagen "a little bit off". Darüber hinaus - und das ist mein eigentlicher Punkt - hat das Wort Segen eine andere Bedeutung erhalten. In der Heiligen Schrift hat der Segen mit Fruchtbarkeit zu tun, mit dem Wachsen, Blühen und Reifen des Menschen, mit dem Gedeihen insgesamt. Der Segen bringt Überfluß hervor, denn Gott ist in sich Überfluß (superabundant). Heute aber heißt Segen: wirtschaftlicher Erfolg unter den eigenen Konditionen. "Herr, segne meine Kondomfabrik!" Oder "Herr, segne meine Abtreibungsklinik, aufdaß wir viel Umsatz machen!" Das sind alles natürlich Widersprüche in sich und "Früchte des Teufels". Auch Unkraut ist fruchtbar.
Wenn es um den Segen geht, dann muß man also unterscheiden. Fruchtbarkeit: Ein guter Baum bringt gute Früchte, ein schlechter Baum bringt schlechte Früchte. Beides ist eine Form von Fruchtbarkeit. Aber eben versehen mit einem Werturteil. Letztlich: Entspricht es dem Willen Gottes oder nicht. Dem geht aber eine andere Unterscheidung voraus: fruchtbar und unfruchtbar. Der Segen geht also einen doppelten Weg: Fruchtbarkeit und dann eben die gute Frucht. Und das schließt den guten Baum ein. Und das ist der eigentliche Sinn des Segens. Sprachlich wird das auch klar, zumindest im Lateinischen, nämlich benedicere - etwas gut sprechen. Der Segen ist ein Handeln durch das Wort, deshalb sprechen, mit dem Ziel der guten Frucht. Und die geht aus einem guten Baum hervor. Deshalb zielt der Segen nicht auf die Frucht, sondern auf den Baum. Oder biblisch: Gott segnet Abraham, nicht seine Kinder. Abraham aber ist gesegnet in seinen Kindern. Der Segen Abrahams führt zu den Kindern und nicht umgekehrt, daß der Segen der Kinder zu Abraham führt.

Nach dieser Betrachtung ist klar, wo wir "hebeln" müssen. Her mit dem Weihwasser! Her mit der Fruchtbarkeit! Ohne Wasser kein Leben. Das gilt auch für die Wasser des Geistes. Weil der heutige Mensch einem falschen Wort von Segen hinterherrennt, deshalb ist er im Grunde unfruchtbar. Er hat nicht verstanden, worum es dabei geht. Und am Ende ist das auch der Grund, warum die Kirche in sich zusammenfällt: Sie bringt keine Frucht, weil sie den Segen Gottes nicht annimmt, sondern sich nach dem Erfolg vom Typ McKinsey ausstreckt. Das kann man sogar leicht soziologisch erkennen: Der kirchliche "Apparat" "wächst", d.h. er wird größer und bläht sich auf. Aber er führt nicht zum mehr und guten Früchten, sondern zu verkümmerten Früchten, die auch noch weniger werden. In biblischer Sprache nennt man das Unkraut und es gilt das Wort über den Feigenbaum, das Jesus zwischen Bethanien und Jerusalem ausspricht.

Zu diesem Thema gehört noch ein Aspekt: Geld ist steril. Der Erfolg der Arbeit ("Früchte") wird ja gemessen in Euronen oder Dollars. Diese Dinger sind aber nicht fruchtbar. Sie wachsen nicht. Sie sind nicht organisch. Geld kann man auch nicht essen. - Der Mensch der heutigen Zeit hängt daher einem fatalen Irrtum an. Er bringt nicht Leben hervor, sondern Geld. Das ist eine Frage, die bei jeder Zielbestimmung von Arbeit mitberücksichtigt werden muß! Die Kenntnis der wahren Früchte ist das Korrektiv für unsere Irrwege und das hat die Grundlage im Segen Gottes.

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