Neulich las ich Ivan Illichs Buch zu Hugos Didaskalikon. Ich war angetan. Dann fuhr ich mit der "Entschulung der Gesellschaft" fort. Meine Erwartung war relativ hoch, bin ich doch ein Gegner von Schulen und deren Substituten. Was kam nun raus?
Das blanke Kotzen! Es ist ärgerlicher als Adorno. Auf einen guten Punkt kommen dutzende gravierende Fehler, die vom Typ Herz-Jesu-Kommunismus sind. Er baut ein Utopia für Schwachmaten auf. Der Kern des Problems ist einfach: Illich definiert Bildung, Lernen, Lehren und Schule nicht. Deshalb gewinnt er auch keinen Fokus und kein Ziel. Aus diesem Grund ist es ein unreifes Pamphlet. Einzig bei der impliziten Definition von Schule sind wir uns einig: Die institutionalisierte Schmiede des industriellen Normmenschen, der seiner Fähigkeit, selbständig zu denken, planmäßig und stetig verlustiggeht.
Was ist Bildung? Ich habe den Eindruck, Illich glaubt am Ende doch an eine Art unsichtbare Hand des Marktes, wenn auch es gar kein Markt ist, sondern Netzwerke, usw. Nein! Bildung ist ein anderes Unternehmen. Letztlich: Fac cor meum secundum cor tuum! Bildung ist, was diesem Ziel dient. Erst mit einem solchen Begriff kann überhaupt eine ernsthafte Entschulung stattfinden.
Am Ende zerstört der Mangel an Ziel das gesamte Buch. Wozu lernen? Was ist der Sinn? Von dieser Bestimmung ergeben sich die Mittel. Aber Illich will eine "entzweckte Bildung". Das ist ein Widerspruch in sich. Er singt ein Lied auf die Möglichkeiten, kann aber nicht sagen, was ihren Wert charakterisiert. So mag ich eigentlich sagen, daß er ein wahrhafter Sohn der Moderne ist: nichts vom Sinn der Dinge wissen, aber alle belehren wollen.